Das Reallabor
WESTKÜSTE100
im Detail

Im Projektzeitraum des Reallabors von 2020 bis 2025 werden mit dem Betrieb des Elektrolyseurs und der anschließenden Nutzung des grünen Wasserstoffs grundlegende wirtschaftliche, technologische und wissenschaftliche Erkenntnisse gewonnen. Denn erst fundierte Kenntnisse zu den Energie- und Stoffkreisläufen sowie deren Umsetzbarkeit machen eine zukünftige Skalierung des Projekts möglich. So sollen sektorenübergreifende, geschlossene Wertschöpfungsketten in der Region geschaffen werden.

Der Elektrolyseur wird in den bestehenden Raffinerieprozess integriert, um die Produktion und unmittelbare industrielle Nutzung von Wasserstoff zu demonstrieren. Ein in der Nähe gelegenes Kavernen-, also Speichersystem, wird umgewidmet, um den produzierten Wasserstoff zwischenzuspeichern und bei Bedarf für die industrielle Nutzung bereitzustellen. Parallel entsteht ein Wasserstoffnetz zwischen der Raffinerie, der Kaverne und den Stadtwerken Heide (SWH). Innovativ ist die erstmals eingesetzte Pipelinetechnologie im Netzabschnitt zwischen Raffinerie Heide und den Stadtwerken Heide. In diesem Projektabschnitt untersuchen die Partner, wie sich Wasserstoff langfristig in die vorhandene Gasinfrastruktur einbinden lässt. Über die Beimischung von grünem Wasserstoff in einen Abschnitt eines bestehenden Gasnetzes soll ein Beitrag zur Dekarbonisierung der Wärmeversorgung aufgezeigt werden.

In zwei Machbarkeitsstudien wird zudem geprüft, wie sich der bei der Elektrolyse produzierte Sauer­stoff mittels eines sogenannten „Oxyfuel-Verfahrens“ in den Verbrennungsprozess des Zementwerks in Lägerdorf einspeisen und nachfolgend Kohlenstoffdioxid (CO2) abscheiden lässt. Mit Hilfe des CO2 aus dem Zementwerk und dem Wasserstoff aus dem Elektrolyseur könnte perspektivisch eine Anlage zur Methanolsynthese betrieben werden. Das Abgas soll somit weiter zu hochreinem CO2 als Ausgangsstoff für die chemische Industrie aufbereitet und als Rohstoff in anderen Wirtschaftssektoren eingesetzt werden. Die Studien liefern fundierte Aussagen über die technische und wirtschaftliche Umsetzbarkeit der nachgelagerten CO2-Auskopplung, -Aufbereitung und -Weiterleitung zur nachgeschalteten Methanolsynthese. Der Prozess der Methanolsynthese kann in einem dem Projekt WESTKÜSTE100 nachgelagerten Schritt Basis für die Produktion synthetischer Kraftstoffe, wie beispielsweise Flugkraftstoff, sein. Darüber hinaus wird innerhalb von WESTKÜSTE100 gesondert geprüft, ob und wie sich die in dem Elektrolyse-Verfahren entstehende Abwärme nutzen lässt.

Die verschiedenen Teilprojekte des Reallabors WESTKÜSTE100 liefern letztlich ganzheitlich technische, kommerzielle und wissenschaftliche Erkenntnisse. Diese grundlegenden Erfahrungen sind die Voraussetzung, um nach Projektabschluss im Jahr 2025 die von den WESTKÜSTE100-Partnern geplante Dekarbonisierung der Industrie, Wärmeversorgung, Chemie und Mobilität mit einer Elektrolyse-Kapazität von mehreren hundert Megawatt Leistung umsetzen zu können.

Die Teilprojekte des Reallabors

Das Reallabor „WESTKÜSTE100“ ist unterteilt in sieben Hauptarbeitspakete (HAP), die sich mit der Erprobung der unterschiedlichen Stoffkreisläufe auseinandersetzen und Erkenntnisse zur wirtschaftlichen und technologischen Umsetzung des Projekts in großem Maßstab liefern.

Konzeption und Testbetrieb eines
30-MW-Elektrolysesystems
RHG100

Details

Im Hauptarbeitspaket (HAP) 1 wird eine 30 MW-Elektrolyseanlage zur Erzeugung grünen Wasserstoffs mittels Stroms aus erneuerbaren Energiequellen geplant, gebaut und in Betrieb genommen. Hierfür wurde das Joint Venture „H2 Westküste GmbH“ gegründet. Der Bau der Elektrolyseanlage wird auf dem Gelände der Raffinerie Heide erfolgen. Hier wird die Anlage für eine großtechnische Demonstration der Erzeugung und Nutzung von grünem Wasserstoff in den bestehenden Industrie­prozess der Raffinerie eingebunden. Neben Planung, Entwicklung und Bau des Elektrolyseurs inklusive aller angeschlossenen Nebenanlagen und der Auswahl eines geeigneten Elektrolyse­verfahrens, betrachten und bearbeiten die Joint Venture-Partner auch alle dazugehörigen Genehmigungsaspekte. Aus dem Betrieb des Elektrolyseurs werden für das Reallabor-Projekt WESTKÜSTE100 Erkenntnisse zu Wartung, Steuerung und betrieblicher Konzepte gesammelt.

Aufbau eines Netzes für
den Transport von Wasserstoff
PIPE100

Details

Im Hauptarbeitspaket (HAP) 2 demonstrieren die Stadtwerke Heide (SWH), Thüga und Open Grid Europe (OGE) wie die Wärmeversorgung relativ rasch und mit geringen Investitionen partiell dekarbonisiert bzw. defossilisiert werden kann. OGE wird eine Pipeline für Wasserstoff errichten, wobei ein Leitungsabschnitt aus Stahl und ein anderer Leitungsabschnitt aus Kunststoff bestehen wird. Über die Pipeline gelangt der Wasserstoff vom Elektrolyseur bei der Raffinerie Heide zum Betriebsgelände der Stadtwerke Heide. Dort wird der Wasserstoff mit einem Anteil von bis zu 20 Vol. % in ein Teilnetzgebiet mit rund 200 Haushalten eingespeist. Im Zentrum steht zum einen der Eignungstest des neuen Gastransportsystems für Wasserstoff. Zum anderen wollen Thüga und SWH nachweisen, dass die Komponenten eines modernen Bestandsgasnetzes inklusive der Installationen bei den Kunden in der Praxis alle Anforderungen für die Einspeisung von Wasserstoff erfüllen. Darüber hinaus schafft das Projekt Erfahrungswerte zur Versorgungscharakteristik des neuen Energieträgers im Wärmemarkt. OGE erforscht in diesem Projekt, wie sich Wasserstoff langfristig in die vorhandene Gasinfrastruktur einbinden lässt. Dafür wird erstmalig eine komplette Wasserstoffinfra­struktur nach dem Vorbild des Erdgasnetzes aufgebaut und in einem mehrjährigen Realbetrieb getestet.

verbunden über Pipeline

CAVERN100

Umwidmung und Ertüchtigung einer bestehenden Kaverne

Details

Innerhalb des Hauptarbeitspakets (HAP) 3 wird an der Umwidmung und Ertüchtigung einer Kaverne unweit der Raffinerie Heide zur Speicherung des grünen Wasserstoffs aus der 30-MW Elektrolyseanlage gearbeitet. Die Kaverne soll als Langzeit- und Pufferspeicher im Gesamtsystem von WESTKÜSTE100 dienen. Durch die Wasserstoffspeicherung gelingt es, die zur Verfügung stehenden erneuerbaren Energien wie Windenergie in einen kontinuierlichen Stoffstrom zur industriellen Nutzung zu überführen. So steht der grüne Wasserstoff auch in Zeiten von Wind- oder Sonnenflauten zur Verfügung. Ziel ist es des Weiteren, nach Inbetriebnahme der Kaverne Erkenntnisse zum Steuerungsverhalten, zu Ansprechgeschwindigkeiten sowie Daten zur optimalen Einbindung der Kaverne in ein schwankendes System zu gewinnen und ein Hochskalieren auf mehrere hundert MW-Elektrolyse-Leistung zu erarbeiten. Neben Eignungsprüfung, Auslegung und Umsetzung der Untertage-Ertüchtigung der Kaverne zur Speicherung von grünem Wasserstoff sowie der Auslegung und dem Bau einer Wasserstoff-Transfertrasse sind auch alle genehmigungsrechtlichen Aspekte Teil der Projektarbeit in HAP 3.

*

tauschen sich aus

Machbarkeitsstudien zur Vorbereitung eines
Szenarios mit mehreren hundert MW

OXY100

Machbarkeitsstudie Umstellung Zementwerk Lägerdorf Oxyfuel-Verfahren

 

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Ziel des Hauptarbeitspakets (HAP) 4 ist die Durchführung zweier Machbarkeitsstudien zur Um­stellung des Zementwerks in Lägerdorf auf ein Oxyfuel-Verfahren der zweiten Generation. Die Studien sollen belastbare Aussagen über die technische und wirtschaftliche Machbarkeit der nachgelagerten CO2-Auskopplung, -Aufbereitung und -Weiterleitung zur nachgeschalteten Methanolsynthese in einem Zementwerk liefern und die Grundlage für die Investitionsentscheidung zur Umsetzung legen. Dabei muss der durch Elektrolyse gewonnene Sauerstoff zum Zementwerk nach Lägerdorf transportiert werden, wo er künftig in den Verbrennungsprozess eingespeist werden soll. Mit dem Verfahren ließen sich nahezu 100 Prozent der CO2-Emissionen der Zementherstellung abscheiden. Das Abgas kann anschließend weiter zu einem hochreinen CO2-Gas als Ausgangsstoff für die chemische Industrie aufbereitet und als Rohstoff in anderen Wirtschaftssektoren eingesetzt werden. Die nach Studienabschluss vorliegenden Ergebnisse geben grünes Licht für die Umrüstung des Zementwerks.

MeOH100

Machbarkeitsstudie für eine Methanolsyntheseanlage

 

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Ziel des Hauptarbeitspakets (HAP) 5 ist eine Machbarkeitsstudie für eine Methanolsyntheseanlage, die als Rohstoffe das CO2 aus einem Zementwerk und einer Raffinerie sowie Wasserstoff aus einer mit Erneuerbaren Energien betriebenen Wasserelektrolyse nutzt. Das geplante Projekt adressiert mit einer großtechnischen Wasserstoffproduktion und der Dekarbonisierung von zwei Industrien (Petrochemie und Zement) bedeutende Klimaschutzziele. Die technologische Herausforderung besteht darin, dass eine Methanolsynthese erstmals zwischen einem Zementwerk – als CO2-Punktquelle – und den Downstream-Prozessen einer Raffinerie eingebunden werden soll. Der Prozess muss also einerseits auf die spezifischen Parameter des Zementwerks abgestimmt werden, andererseits auf die Herstellung von Flugkraftstoff in der Raffinerie. Das HAP 5 wird von thyssenkrupp geleitet und maßgeblich durchgeführt. Bei den Details der Einbindung in die vorhandene Infrastruktur unterstützt der Projektpartner Hynamics Deutschland.

Gesamtintegration (begleitend)

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Ziel des Hauptarbeitspakets (HAP) 6 „Gesamtsystemintegration“ ist, die gewonnenen Erkenntnisse aus HAP 1 bis 5 zusammenzuführen. Mit den Erkenntnissen aus HAP 1 bis HAP 5 wird in HAP 6 die verfahrenstechnische und operative Gesamtintegration der geschalteten Anlagen aus Stromanbindung, Elektrolysesystem, Raffinerie-Anbindung und Kavernenspeicherung sowie aller Abnehmer des Wasserstoffs (Raffinerie, Erdgasnetz, Wasserstofftankstelle) zunächst mit einer Elektrolyse-Kapazität von 30 MW angestrebt. Dazu gehört die Abstimmung der Anlagentechnik und der Massenströme sowie der Test flexibler Fahrweisen zur Untersuchung von Wechselwirkungen und die Erforschung von optimierten und resilienten Stromnetzeinbindungen. HAP 6 soll die technischen und kommerziellen Erkenntnisse liefern, die benötigt werden, um nach Projektabschluss im Jahr 2025 die von den WESTKÜSTE100-Partnern geplante gesamtheitliche Dekarbonisierung der Industrie mit einer Elektrolyse-Kapazität von mehreren hundert Megawatt umsetzen zu können.

Transformation der Gesellschaft (begleitend)

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Im Hauptarbeitspaket (HAP) 7 stehen die Wechselwirkungen des Projekts mit Umwelt und der Gesellschaft im Mittelpunkt. Dies beinhaltet vier Aspekte: Im Arbeitspaket (AP) 7.1 werden, aufgeteilt nach Sektoren und Subsektoren, Energie- und Treibhausgas-Bilanzen erstellt und die politisch vereinbarten Klimaziele durch Anforderungen an die technische Umsetzung konkretisiert. Das AP 7.2 begleitet das Projekt bei der Weiterentwicklung des regulatorischen Rahmens und den Handlungsempfehlungen. Unter anderem werden die Novellierungen des EEG und der RED II mit den Delegierten Rechtsakten der EU sowie der Umsetzung in nationales Recht sowie des Bundesimmissionsschutzgesetzes betrachtet. Im AP 7.3 wird die Kommunikation des Gesamtvorhabens sowie die regional partizipative und mediale Einbettung des Projekts – z.B. in die 100%-erneuerbare Energien-Serie der Entwicklungsagentur Region Heide – untersucht, um die gesellschaftliche Akzeptanz für weitere Energiewendeprojekte im Wasserstoffbereich sicherzustellen. Eine etwas weiter gefasste Aufgabe verfolgt AP 7.4, indem die sozio-ökonomischen Wechselwirkungen der entstehenden Wasserstoffwirtschaft mit der Gesellschaft untersucht werden. Dazu werden nachhaltige Entwicklungsszenarien für die regionale Wasserstoffwirtschaft entworfen und der Politik zur Verfügung gestellt. Ferner werden Vorschläge für die überregionale Vernetzung des Projekts entwickelt.

Die Vision: Szenario 2025+

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Im Reallabor WESTKÜSTE100 soll bis 2025 eine Elektrolyseanlage mit einer Leistung von 30 Megawatt Erkenntnisse zum Betrieb, der Wartung und der Steuerung liefern, um diese möglichst in den nächsten Skalierungs-Schritt zu überführen. Dann soll perspektivisch ein Elektrolyseur mit mehreren hundert Megawatt entstehen, für die der Strom über einen Direktanschluss aus einem Offshore-Windpark geliefert werden könnte.

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